Beim Aufstehen macht sich wieder der Schmerz im rechten Bein bemerkbar. Nachdem ich den großen Bandscheibenvorfall auf dem MRT-Bild gesehen habe, ist mir völlig klar, dass der große Oberschenkelnerv in meinem rechten Bein, der Nervus femoralis, massiv unter Druck steht. Ich humple zum Auto, schaffe es irgendwie einzusteigen, und fahre in Schneckentempo in die Praxis.
Auf der Fahrt überlege ich fieberhaft, wie es jetzt weitergehen soll. Denn morgen ist ein großer OP-Tag! Operationen sind schon ohne Bandscheibenvorfall körperlich anstrengend. Kann ich überhaupt operieren? Wenn nicht, was mache ich dann mit den Patienten, die seit Wochen und Monaten auf den Eingriff warten? Mit einem leichten Schmerzmittel dürfte es gehen, ohne dass es meine Arbeit beeinträchtigt. Und wie soll ich dieses Drama meinem Team und vor allem meinen Patienten erzählen? Stelle ich damit nicht meine Expertise und Glaubwürdigkeit in Frage? Die Nachricht würde sich bestimmt wie ein Lauffeuer unter meinen Patienten und denen, die es vielleicht werden wollen, verbreiten. Der Radiologe hat ja bestätigt, was viele denken werden: dass ein Rückenexperte nicht rückenkrank sein darf. Ich merke gerade noch, dass die Ampel auf Rot schaltet und drücke im letzten Moment auf die Bremse, was meinem Rücken gar nicht gut tut. Vor einem Fußgänger komme ich zum Stehen. Er beschimpft mich wild gestikulierend. Das war knapp. Es wäre der erste Unfall meines Lebens gewesen. Reiß dich zusammen, Florian! Ich lasse das Fenster herunter und entschuldige mich demütig, denn ich kann jetzt nicht noch mehr Ärger gebrauchen.